Schauer ohne Entzücken im Museum Folkwang

Museum Folkwang
Der Eingang des Museums Folkwang

Das Museum Folkwang in Essen zeigt noch bis zum 29. Mai eine Ausstellung mit Arbeiten des Fotokünstlers Thomas Struth. Insgesamt 34 großformatige Fotos sind dort zu sehen.  Sie zeigen technische Großeinrichtungen vor Allem in Deutschland und in den USA, einen Freizeitpark in Kalifornien oder trostlose Orte im Westjordanland. Bei aller Unterschiedlichkeit zeigen sämtliche Fotos, wie der Mensch mit großen (oder größenwahnsinnigen) Vorstellungen die Natur gestaltet. Dabei schreibt sich der menschliche Wille tief in Orte und Landschaften ein. An den Grenzen des Machtbaren entstehen überwältigende, irritierende und teils auch beängstigende Eindrücke. Struth zeigt die Hight-Tech-Gigantonomie, mit der Menschen (z. B. in Cape Canaveral) den Weltraum erobern oder aber (in der Charité in Berlin) Krankheit und Tod bezwingen wollen. Figure II aus dem OP-Saal der Charité ist hierbei eines der beeindruckendsten Werke. Obwohl das Bildmotiv eigentlich auf die Heilung von Krankheit verweist, zeigt es den Menschen eingezwängt und hilflos, dominiert von Technik. Struths Art der Fotografie strahlt fast immer eine kalte Präzision aus. Selbst dort, wo der Fotograf vordergründig die idyllische Kulisse des Freizeitparks wiedergibt, sorgen die monumentalen Kunstberge im weitgehend menschenleeren Raum für ein Gefühl des Unbehagens.

Karte

  • Das Museum Folkwang
  • Der Eingang des Museums Folkwang
  • Das Plakat zur Ausstellung Nature & Politics

Struths Fotografien knüpfen an die Ästhetik des Erhabenen an

Um 1800 meinte man damit ein Gefühl, das angesichts überwältigenden Natureindrücke Unlust bereitet, gleichzeitig aber auch Lust verschafft, weil der Mensch gerade im Angesicht der wilden Naturgewalten seine geistige Überlegenheit erfährt. Bei Struth wird diese geistige Überlegenheit in materialisierter Form selbst Gegenstand des Bildes. Wer die Bilder betrachtet, ist für einen kurzen Moment beeindruckt und spürt dann ein sich langsam steigerndes Gefühl der Bedrohung angesichts des menschlich Machbaren. Die Ausstellung im Museum Folkwang hinterlässt den Betrachter nachdenklich. Struths Motive und die  Gefühle, die sie auslösen, wirken lange nach.  Die Wirkung wird getragen und unterstützt von einer großzügigen und zurückhaltenden Form der Präsentation.

Wünschen würde ich mir als Betrachter…

…ein paar mehr Hintergrundinformationen zu den einzelnen Bildmotiven. Aus den Titeln erfährt man zwar grob, was dargestellt ist. Allerdings erschließt sich der Kontext nur ansatzweise. Wer weiß schon, was der „Tokamak ASDEX Upgrade“ im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching macht? Vielleicht erhöht das Nichtwissen noch die Bedrohlichkeit der Bildmotive. Insofern wäre es vielleicht falsch, weitergehende Informationen zwingend mit dem Foto in der Ausstellung zu verknüpfen. Als optionales Feature (z. B. über QR-Codes) wären Informationen dennoch hilfreich. Genauso hilfreich wäre es, wenn man ein wenig mehr über die Arbeitsweise von Thomas Struth erfahren würde (z. B. in einen Einführungsfilm). Für Hobbyfotografen wären sicherlich auch einige fototechnische Angaben interessant. Zum Teil kann man das, was die Ausstellung vermissen lässt, im Internet nachholen, z. B. in einem spannenden Bericht aus dem Kulturmagazin „ttt – titel, thesen, temperamente“.

Zwei praktische Hinweise noch

  • Im Folkwang-Museum ist der Eintritt zur Dauerausstellung frei; ein Abstecher lohnt sich in jedem Fall. Das Folkwang beherbergt eine in Umfang und künstlerischer Qualität beeindruckende Sammlung von Werken des 19. Und 20. Jahrhunderts
  • Wenn ihr euch zwischendurch stärken wollt, könntet ihr natürlich das Museumscafé „Vincent & Paul“ nutzen. Der Besuch ist allerdings nur bedingt empfehlenswert. Das Café ist sehr steril aufgemacht und vor allem sehr teuer (obwohl es nur Selbstbedienung bietet). Nur wenige Meter vom Museum entfernt gibt es in der Rüttenscheider Straße genug alternative Einkehrmöglichkeiten.

 

 

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