Der Tuchmacherweg – Auf den Spuren der Tuchproduktion im Bergischen Land

Tuchmacherweg

Weil es in Beyenburg so schön war, sind wir am letzten Wochenende noch einmal ins Bergische Land gefahren, diesmal nach Radevormwald. Unser Ziel dort war der Tuchmacherweg, der erste Wanderweg aus der Serie der „Bergischen Streifzüge“. Beim Tuchmacherweg handelt es sich um eine „Streckenwanderung“, die auf gut 10 Kilometern von Radevormwald nach Krebsöge führt. Ein Teil des Weges verläuft durch Waldgebiete im Tal der Wupper, auf dem anderen Teil wandert man entlang von Feldern und Weiden. Neben schöner Natur bietet der Weg auch einige Ausblicke (u.A. auf die umliegenden Dörfer). Er ist sehr abwechslungsreich und wartet etwa in der Mitte mit zwei bedeutenden Industriedenkmälern auf: den ehemaligen Tuchfabriken Peter Schürmann & Schröder sowie Johann Wülfing & Sohn – letztere mit einem schönen Museum.

In umgekehrte Richtung

Wir haben uns entschlossen, den Tuchmacherweg in umgekehrter Richtung zu gehen, um nicht am Ende der Wanderung in Krebsöge auf den Bus warten zu müssen. Die Busfahrt stand also für uns am Anfang mit der Linie 671 von Radevormwald Busbahnhof (wo man auch gut parken kann) nach Krebsöge (2,40 Euro pro Person); der Bus verkehrt am Wochenende einmal pro Stunde; es empfiehlt sich also, vorher in den Fahrplan zu schauen!

In Krebsöge angekommen (ca. 10 min Busfahrt), verlässt man die Hauptstraße nach rechts und steigt hinab zur Wupper. Den Fluss überquert man, hält sich kurz links, kreuzt die Eisenbahnschienen und folgt dann direkt hinter den Schienen dem Weg nach rechts. Ab hier ist der Tuchmacherweg mit der roten „1“ ausgeschildert. Der Weg folgt dem Verlauf der Wupper. Gleichzeitig führt er parallel zur alten Wuppertalbahn, die 1979 stillgelegt wurde; am alten Bahnhof Dahlhausen (Wupper) kann man noch einige ausrangierte Lokomotiven und Waggons bewundern. Heute kann man die Strecke der Wuppertalbahn mit Fahrraddraisinen befahren.

Zwei ehemalige Tuchfabriken

Auf etwa der Hälfte des Weges liegt rechts die ehemalige Tuchfabrik Peter Schürmann & Schröder. Seit 1815 wurden hier Wollstoffe produziert. Die Textilmaschinen wurden von der Wasserkraft der Wupper angetrieben, ab 1831 dann durch eine Dampfmaschine. Die Fabrik war überaus erfolgreich und exportierte in die USA sowie nach Südamerika. Die meisten der heute noch erhaltenen Gebäude stammen aus der Zeit um 1900. Noch bis 1992 war die Textilfabrik in der Ansiedlung Vogelsmühle in Betrieb. Kurz hinter Vogelsmühle erreicht der Weg die ehemalige Tuchfabrik Johann Wülfing & Sohn. Die Ursprünge der Firma gehen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Anfang des 19. Jahrhunderts zog die Tuchfabrik von Lennep nach Dahlerau an der Wupper. Die Maschinen wurden auch hier zunächst noch mit Wasserkraft betrieben, später dann ebenfalls mit Hilfe einer Dampfmaschine.

Das Wülfing Museum – Geschichte und Technik der Tuchproduktion

Im Wülfing Museum kann man sich eine solche Dampfmaschine ansehen. Sie stammt aus dem Jahr 1891. Das interessante und ansprechend gestaltete Museum gibt einen guten Einblick in die Geschichte und Technik der Tuchproduktion. Gezeigt werden unter anderem Tuchmuster aus unterschiedlichen Epochen, Produktionsabläufe, Färbetechniken sowie Dokumente aus dem Arbeitsalltag der Beschäftigten. Ein technikhistorisches Highlight ist – neben der Dampfmaschine – die Musterweberei,  in der auch heute noch Einzelstücke gefertigt werden. Das Wülfing-Museum hat immer sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Die Maschinen werden allerdings nur zu bestimmten Terminen vorgeführt; hier empfiehlt sich ein Blick auf die Internetseite des Museums – Die Ausstellung erklärt übrigens auch sehr anschaulich, wie sich seit den 1980er Jahren die Strukturkrise in der Textilindustrie (und ähnlich auch in anderen Industriezweigen) entwickelt hat. Noch in den 1950er Jahren stiegt etwa parallel zur Entwicklung der Produktion auch die Zahl der Mitarbeiter. Ab etwa 1970 kam es dann zu einer enormen Steigerung der Produktion bei tendenziell abnehmender Mitarbeiterzahl. Trotz dieses Produktivitätsschubs konnte die deutsche Textilindustrie bei Standardprodukten auf Dauer nicht gegen die Konkurrenz aus Fernost bestehen, die heute mit ihrer Billigproduktion unsere Textilhandelsketten fluten. – Die Geschichte von Wülfing macht an dieser Stelle nachdenklich, ohne selbst die Entwicklung zu werten oder zu kritisieren. Die Produktion bei Wülfing in Dahlerau ging 1996 zu Ende; ein Jahr später gründete sich der Museumsverein, der das Museum (zu dem übrigens auch ein schönes Café gehört) mit Unterstützung der NRW-Stiftung vorbildlich aufgebaut hat und es mit viel Engagement leitet und lebendig hält.

Nach einem Besuch des Wülfing-Museums lohnt noch ein kurzer Rundgang durch die „Textilstand Wülfing“, zu der neben dem Haupt- und den Produktionsgebäuden auch das Herrenhaus der Familie, Arbeiterwohnungen, Läden und ein Kindergarten gehörten. – Der Tuchmacherweg kreuzt anschließend hinter der „Textilstadt“ die Wupper und führt nun (bergan) durch Felder und Weideflächen, über den Eistringhauser Bach, vorbei am Uelfebad (einem kleinen See mit Ausflugslokal) nach Radevormwald.

Radevormwald – Historische Fachwerkhäuser und viele Einkehrmöglichkeiten

In Radevormwald existiert vor allem am Markt und an der Kaiserstraße noch eine Reihe von historischen Fachwerk- und Schieferhäusern. Um in diesem Ambiente ein wenig zu verweilen, empfehlen wir den Besuch im Tortenatelier an der Kaiserstraße 80. Hier gibt es eine große Auswahl vorzüglicher Torten. Das Café ist allerdings recht klein, so dass es am Wochenende zur Kaffeezeit nicht leicht ist, einen Platz zu finden.

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